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Wege aus übermäßigen Sorgen | Vertrau in die Zukunft - keine Panik

Wege aus übermäßigem Sorgen

Wir brauchen dringend ein lebens- und menschenfreundliches Korrektiv für diese seltsame Weise, unser Leben mit so vielen Sorgen zu füllen!

Sorgen führen zu nichts als Unwohlsein, Spannung und Stress im Körper und Geist. Sie bewirken Unruhe und verstärken Engeempfindungen in uns, ein schweres Herz, Schlaflosigkeit, Ängste bis in tiefste Verzweiflung. 

Sie belasten oder verschlechtern unseren Gesundheitszustand, sie schwächen die Abwehrkräfte, sie vergraulen uns die Lebensfreude.

Paradoxerweise nehmen sie unablässig das „mögliche“ Schreckliche in Gedanken vorweg, obwohl der gegenwärtige Moment in unserem Leben – höchstwahrscheinlich - sicher ist.

Obwohl wir gesegnet sind mit einem weichen Bett, in dem wir ruhig schlafen könnten. 
Obwohl unser Kühlschrank gefüllt ist, wir ein Dach über dem Kopf haben.
Obwohl Geld auf unserem Konto ist. Nicht selten wirklich ausreichend.

Obwohl uns zwei Beine zum Gehen zur Verfügung stehen und ein Herz für unser Lebendig-Sein ganz selbstverständlich schlägt.

Auch eine gesundheitliche Herausforderung oder Erkrankung muß nicht zwangsläufig und schon gar nicht real in den schlimmsten Ausgestaltungen münden, die unsere Phantasie hervorzubringen vermag. 

Wir sorgen uns. Trotzdem. Unerbittlich. 

Wie viele von den Sorgen, die du dir je in deinem Leben gemacht hast, sind bislang eingetreten? 

Bei mir, ganz ehrlich: keine. Und ich habe mich vor ein paar Jahren bis ins burn out und durch es hindurch gesorgt – im Übermaß. Habe die toxischen Auswirkungen der Sorgenspiralen bis in die Lebensunlust hinein durchgekaut und erforscht.

In ihrem Gedicht „I worried“ formuliert Mary Oliver die Tragik, die viele Menschen kennen:

„Ich habe mich viel gesorgt: Wird der Garten gedeihen?
Werden die Flüsse in die richtige Richtung strömen?
Wird die Erde sich so drehen, wie es gelehrt wird,
und wenn nicht: wie kann ich es korrigieren?

War ich richtig, war ich falsch?
Wird mir vergeben werden, kann ich es besser machen?

Werde ich jemals in der Lage sein zu singen?
Sogar die Spatzen können es - und ich, ein hoffnungsloser Fall?
Verblasst mein Augenlicht? Oder bilde ich mir das nur ein?
Vielleicht kriege ich Rheuma, Maulsperre, oder Demenz?

Schließlich erkannte ich, dass mein Sorgen zu nichts führte.
Ich gab es auf und nahm meinen alten Körper
und ging raus in den Morgen und sang.

Mary Oliver war, und wir sind, so identifiziert, ja geradezu „verheiratet“ mit unseren Sorgen, dass es eigentlich nicht vorstellbar ist, keine zu haben. 

… da muss man sich doch sorgen!!!“  ist fest in unser Gehirn eingebrannt. Muss „man“ wirklich?

Es mutet geradezu zynisch an, folgende „Behauptung“ auch nur zu hören:

Gedanken und Sorgen sind keine Tatsachen.  

Das ist radikal. Den Wahrheitsgehalt dieser uralten Weisheit für sich selbst zu entdecken, ist jedoch der Schlüssel in den inneren Frieden.

Sorgen, Grübeleien entbehren oft jedes Sinnesgehaltes, da sie angstgesteuert sind. Sie nehmen eine nicht eingetretene Zukunft vorweg und manifestieren diese in unserem Körper und Geist-System, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Der Körper glaubt den Sorgen und setzt sie sofort in Stressymptome um.

Sorgen führen selten in kreative und friedvolle Lösungen, da diese erst im Entspannungsmodus geboren werden.

Ja, es gibt Herausforderungen und Schwierigkeiten im Leben jedes Menschen, die wohl gründlich bedacht werden wollen und in konstruktives Handeln münden müssen, um Schlimmeres zu verhindern. Das steht außer Frage. Das ist aber kein „Sorgen“.

Vielleicht kann die Erkenntnis von Mary Oliver ein freundlich-einladendes Korrektiv, eine Anpassung sein, wann immer Grübeleien, Zweifeln und Sorgen Überhand nehmen? 

Vielleicht gibt es einen leisen Hoffnungsschimmer, dass es möglich ist, Einfluss zu nehmen? Selbst zu bestimmen, was in unserem Kopf und Bauch vor sich geht?

Übung zu Reflektion:

  • Wähle eine Sorge, die immer wieder in deinen Gedanken auftaucht. Gib ihr einen Titel, z.B.: Angst vor Versagen, vor Jobverlust. Sorge vor finanzieller Not, Verarmung. Befürchtung, sehr krank zu werden oder zu sein.
  • Mache dir gleichzeitig bewusst UND akzeptiere, dass dein Geist so „tickt“, nämlich sorgenvoll – Tendenz negativ. So ist es. Lass dein Bemerken freundlich sein.
  • Nimm eine „paradoxe Intervention“ vor: verstärke deine spezielle Sorge. Dramatisiere sie in deinen Gedanken bewusst! Erlaube dir ca. 5 Minuten. Nimm genau wahr, was dabei in dir geschieht. Fühl tiefer hinein, wie dein Körper, dein Atem darauf antwortet.
  • Und jetzt checke entschieden in der Wirklichkeit ein, jetzt. In diesem einzigen Moment - lenk die Aufmerksamkeit vollständig in diesen Atemzug: einatmen, ausatmen, Pause … 7 mal wiederholen, und FÜHLEN, mehr nicht!
  • Bemerke Empfindungen im Körper und die Tatsache, dass alle Funktionen deines Körpers wunderbar durch eine grenzenlose Intelligenz miteinander koordiniert werden.
  • In diesem Moment ist alles da, oder? Das Leben ist da. Kannst du es spüren? Vielleicht da hinein jetzt entspannen mit dem Ausatmen? Vielleicht sogar: ein Gefühl von Dankbarkeit erlauben? Spür tiefer: da ist Lebensessenz in dir, die du bist. Pulsierend, vibrierend, strömend. Vollständig.

Lösungsmöglichkeiten im Akutfall entdecken und erfahren:  

  • Vielleicht brauchst du deine Hand auf deinem Herzen, die in ihrer Berührung eine Qualität von Trost, Beruhigung und Freundlichkeit vermittelt? Probier aus. Und damit jetzt nur atmen, verweilen, mehr nicht.
  • Vielleicht dazu eine freundliche Affirmation als Korrektiv: „Im Moment, hier und jetzt, fehlt nichts … ist alles gut … bin ich sicher“ – „Es gibt eine Lösung für diese Sorge, auch wenn ich sie noch nicht kenne.“.
  • Vielleicht hilft dir, dich zu dehnen, zu strecken – die „Enge“ der Sorge im Körper stretchen, weiten, Raum schaffen um die Sorge herum und in dir.
  • Oder dir selbst eine Tasse Tee kochen, mit Fürsorglichkeit, den Duft, die Wärme, ganz sinnlich wahrnehmen – nur dieser Schluck, dieses Schmecken, Genießen …
  • Oder ein Spaziergang in der Natur, eine Runde um den Block, um die sorgende „Affenhorde“ im Kopf noch mehr zur Ruhe zu bringen?
  • … ein Telefonat, ein Gespräch mit einem Menschen, von dem du weißt, dass er dir zuhört und dich inspiriert? Einen Termin mit einem Arzt vereinbaren, der vielleicht längst überfällig ist, dir Hilfe holen ….
  • Aufschreiben, was jetzt geschieht, während du dich „um deine Sorge kümmerst“, sie freundlich betrachtest, „gut“ für dich selbst „sorgst“.
  • … ein Buch, wohltuende geistige Nahrung, die dich sofort in ein anderes Mindset versetzt, da sie positive Gedanken unterstützt?
  • Sicher hilft radikale Medienabstinenz. Und zwar kompromisslos. Mindestens aber eine Reduktion auf maximal 15-20 Minuten pro Tag, in denen du nur das Wesentliche des Weltgeschehens aufnimmst.
  • Oder du entscheidest dich sofort, deine Lieblingsmusik anzustellen und zu tanzen? 

All diese Möglichkeiten, aus dem Sorgenkarussel auszusteigen, erfahre ich seit Jahren als eine konstruktive Weise, wiederkehrende Sorgen zu beruhigen. Als Folge gelingt es mir immer öfter und vor allem viel schneller, positiv Einfluss zu nehmen und die Sorgenlawine zu stoppen. 

Sorgenfreier – auch - mit der Praxis der Achtsamkeit

  • Nicht zuletzt hilft (mir) Achtsamkeitsmeditation, z.B. als sanfte Yogapraxis. Langsame Bewegung führt in den gegenwärtigen Moment und in Berührung mit dem Lebendig-Sein im Körper. Auch, wenn es körperliche Einschränkungen gibt: dann „achtsam“, langsam bewegen. Die vorgestellte Zukunft verblasst mit der Wahrnehmung des Körpers, im Moment.
  • Oder Achtsamkeitsmeditation als stilles Sitzen und die verschiedenen Geisteszustände betrachten: Gedanken, Gefühle, Empfindungen, innere Bilder sehen, wie sie sich im Geist entfalten, verweilen, und sich auflösen.
  • Sich selbst und alles, was wir in uns wahrnehmen, sehr wohlwollend untersuchen, wissend: es ist alles Energie, die sich durch uns hindurchbewegt: jeder Gedanke, jedes Gefühl, das sich daran knüpft sowie auch physische Empfindungen, die damit einhergehen: alles erscheint, verweilt und verblasst wieder.

    Alles verändert sich ständig. „Panta rei“ – alles fließt. Wie Wellen, die sich mal mehr, mal weniger stark aufbäumen und uns drohen, zu überwältigen, und sich dann doch wie von Zauberhand wieder auflösen … wenn wir keine Sorgen, Geschichten daran knüpfen.🙂 

  • Achtsamkeitspraxis auch als bodyscan hilft mit regelmäßiger Übung mehr Entspannung und Ruhe zu finden und ins Vertrauen zu gleiten: eine Körperreise, die reinigend und wohltuend auf schädliche Geisteszustände, auf Kummer, Unruhe und Ängste wirken kann.

Wir können viel dafür tun, aus Sorgen auszusteigen. Das braucht Übung (das MBSR-Programm ist u.a. dafür entwickelt worden). 

Und übrigens!
Folgende Frage kann ein interessantes Forschungsfeld sein:
Wer wäre, wer bin ich eigentlich – ohne Sorgen?